Vernetztes Quantenrechnen

Dr. Hans Messer Stiftungspreis für Prof. Mariami Gachechiladze

11.11.2024 von

Professorin Mariami Gachechiladze, Leiterin der Quantum Computing Group am Fachbereich Informatik der TU Darmstadt, erhält in diesem Jahr den Dr. Hans Messer Stiftungspreis der Hans und Ria Messer Stiftung. Sie forscht am so genannten Quanteninternet – einem Netzwerk von Quantencomputern, das die Rechenleistung von herkömmlichen Supercomputern – vor allem auf dem Gebiet der Quantenchemie – bald übertreffen könnte. Der Preis ist mit 50.000 Euro dotiert.

Der Versuch, rechnerisch schwierige Probleme effizient zu lösen, ist ein schon lange bestehendes Bestreben. So entstehen jedes Jahr Computer mit immer leistungsfähigeren Rechenkapazitäten. Neuartige Quantencomputer nutzen dabei die Quantenmechanik als Betriebssystem. Diese Systeme versprechen, viele Rechenaufgaben zu revolutionieren, die für Gesellschaft und Industrie von Bedeutung, aber selbst für die besten heutigen Supercomputer zu komplex sind. Solche Probleme umfassen beispielsweise die Simulation chemischer Bindungen, die Entdeckung neuer Medikamente oder das effiziente Lösen einiger NP-Problemen, einer Komplexitätsklasse mathematischer Entscheidungsprobleme.

Forschende aus der Physik, Mathematik, Informatik, Chemie und den Ingenieurwissenschaften arbeiten an der Entwicklung der leistungsstärksten Quantencomputer. Keines dieser Geräte hat jedoch bisher die klassischen Computer in praktischen Anwendungen übertroffen. Zum Beispiel haben Quantencomputer theoretisch einen Vorteil beim Zerlegen großer Zahlen für die Verschlüsselung, aber in der Praxis wären Millionen von zusammenhängend kontrollierten physikalischen Qubits (die kleinstmögliche Informationsmenge) und deren Manipulation notwendig – ein Maßstab, der weit über das hinausgeht, was die heutige Quantencomputing-Technologie erreichen kann.

Trotzdem haben in den vergangenen Jahren berühmte Proof-of-Concept-Experimente einen Quanten-Vorteil gegenüber den besten klassischen Supercomputern gezeigt, allerdings nur für Aufgaben ohne praktische Anwendung. Dies wirft die Frage auf: Können die heutigen Quanten-Geräte klassische Supercomputer bei einer sinnvollen Aufgabe übertreffen? Zur Zeit gilt die Quantenchemie in der Quantencomputing-Community als eines der vielversprechendsten Gebiete, in denen Quantencomputer klassische Computer in den kommenden Jahren übertreffen könnten.

Dazu müssen sowohl die Theorie der Quantenberechnung weiterentwickelt als auch die Quanten-Geräte verbessert werden. Eine Möglichkeit, einen skalierbaren und robusten Quantencomputer zu bauen, besteht darin, den Fokus von einem einzelnen Quanten-Gerät auf eine Sammlung von Quanten-Geräten zu verlagern, die durch ein Quanten-Netzwerk zusammenhängend interagieren – diese werden auch als Quanteninternet bezeichnet. Quanten-Netzwerke gelten als die vielversprechendste Ressource zur Skalierung der Quantenberechnung, wobei viele kleine, hochpräzise Quantencomputer miteinander verbunden werden, um einen Quanten-Vorteil zu erzielen. Trotz aller experimentellen Entwicklungen fehlt bislang der theoretische Hintergrund dazu, wie und bei welchen Aufgaben die verteilte Quantencomputing-Plattform genutzt werden kann.

Hier setzt die Forschung von Professorin Mariami Gachechiladze am Fachbereich Informatik der TU Darmstadt an: „Einerseits treiben wir Anwendungen der Quantenchemie mit Hilfe der Quantenberechnung voran, und andererseits erforschen wir Neuheiten und Einschränkungen, wenn die Quanteninformationsverarbeitung in einem Quanten-Netzwerk statt auf einem einzelnen Gerät durchgeführt wird“, erklärt Gachechiladze. Bisher wurden diese beiden Bereiche unabhängig voneinander betrachtet, da sie aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit ganz verschiedene Fähigkeiten und Trainings erfordern, um ihre jeweiligen Herausforderungen zu meistern.

Die Auszeichnung

Der Dr. Hans Messer Stiftungspreis, verliehen von der Hans und Ria Messer Stiftung (bis 2024 Dr. Hans Messer Stiftung), wird jährlich zur Förderung von Forschung und Lehre für Wissenschaftler:innen in einer frühen Karrierephase mit hervorragenden Leistungen auf den Gebieten der Naturwissenschaften, Ingenieurwissenschaften sowie Wirtschafts-, Sozial- und Geisteswissenschaften vergeben und ist mit 50.000 Euro dotiert.

Die Hans und Ria Messer Stiftung fördert bundesweit Aus- und Weiterbildung sowie Wissenschaft und Forschung. Die Stiftung wurde im Jahr 1978 von Dr. Hans Messer ins Leben gerufen und ist seit dem Jahr 1979 als gemeinnützige Stiftung anerkannt. Unter dem Vorsitz von Dr. Hans Messer wurde auch der Stiftungspreis an der TU Darmstadt eingeführt. Die Stiftung fördert Forschungsprojekte, unterstützt wissenschaftliche und schulische Einrichtungen und vergibt kontinuierlich Bildungs- und Forschungsstipendien. Die Stiftung verleiht ihren Stiftungspreis an der TU Darmstadt regelmäßig seit 1994. Er ist der derzeit höchstdotierte Preis für Early Career Researchers an der TU Darmstadt.