Künstliche Intelligenz für die Bauindustrie

Forschungskooperation mit Hochtief gestartet

01.04.2020

Die TU Darmstadt und die zum HOCHTIEF-Konzern zählende Gesellschaft Nexplore haben eine Vereinbarung über eine Forschungspartnerschaft geschlossen. Im Zentrum der zunächst auf vier Jahre angelegten Zusammenarbeit steht die Frage, wie sich Künstliche Intelligenz in der Bauindustrie einsetzen lässt. Über dieses Ziel und weitere spricht Prof. Kristian Kersting des Fachbereichs Informatik im Interview.

Professor Dr. Kristian Kersting / Fachbereich Informatik.

„Unser Ziel ist es, die Forschung der Informationstechnologie und der Bauindustrie enger zu verzahnen“, erklärt Kristian Kersting, Professor für Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen am Fachbereich Informatik der TU Darmstadt. „Die Kooperation, zu der auch ein neuartiges duales Programm für Doktorandinnen und Doktoranden zählt, kann Modellcharakter gewinnen.“ Die Zusammenarbeit soll in mindestens sechs gemeinsame Forschungsprojekte münden.

Über die Ziele der Kooperation haben wir mit Professor Kersting vom Fachbereich Informatik gesprochen.

Was ist das Besondere an der Forschungsplattform mit Nexplore?

Viele Entscheidungsträger in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft haben das große Potential der Künstlichen Intelligenz erkannt, allerdings bestehen oft Vorbehalte und Probleme im Transfer. Um das Potential von KI-Methoden zu heben, müssen neue Brücken zwischen Firmen und Universitäten geschlagen werden. Das war der gemeinsame Ausgangsgedanke, der uns und Nexplore zur Kooperation motiviert hat. Diese Brücken können helfen, die so dringend benötigten KI-Fachleute für den Wirtschaftsstandort Deutschland auszubilden. Dazu muss auch über öffentlich-private Partnerschaften nachgedacht werden.

Das heißt, Sie sehen auch die Industrie in der Pflicht, sich stärker finanziell einzubringen – etwa durch Kooperationen mit Universitäten und Forschungsinstitutionen?

Genau. Der technologische Fortschritt im Bereich Künstliche Intelligenz ist rasant, so dass einzelne KI-Technologien schnell veralten. Daher gilt es, nicht nur die Algorithmen weiterzuentwickeln, sondern insbesondere den Wissenstransfer durch „Köpfe“ in den Unternehmen zu stärken und auf diese Weise die Innovationskraft zu sichern. Die Firmen können nur innovativ sein, wenn KI-Expertise auf dem neuesten Stand der Technik in den Unternehmen vorhanden ist und Fachleute in den Unternehmen mit den neuesten Technologien umgehen können.

Und hier kommt die Leistung der TU Darmstadt ins Spiel …

Ja, die Keimzelle des KI-Wissenstransfers ist der personelle Transfer von gut ausgebildeten, ständig lernenden Domänen- und KI-Fachleuten, die in der Industrie kontinuierlich neue Lösungen entwickeln und mit den weltweiten Innovationen Schritt halten können. Sie sind es auch, die weitere Ausgründungen im Bereich Künstliche Intelligenz befeuern.

Was soll in der Kooperation mit Nexplore in vier Jahren erreicht sein?

Dass wir hoffentlich viele Früchte ernten werden durch den produktiven Mix aus ergebnisoffener Grundlagen- und zielgerichteter Anwendungsforschung im Bereich Bauwesen. Wir wollen weniger eindimensionale „Lösungen“, sondern „Blaupausen“ entwickeln, die je nach Anwendung und Firma angepasst werden können. Daher gehen wir auch in dem verabredeten Programm für den wissenschaftlichen Nachwuchs neue Wege.

Zwei Drittel des Forschungsvolumens in einem Doktorandinnen- und Doktoranden-Projekt sind Grundlagen gewidmet, die Ergebnisse werden offen publiziert. Zum Beispiel könnten wir als eine Art „Blaupause“ neue Architekturen für tiefe, neuronale Netzwerke zum Computersehen mit öffentlichen Daten entwickeln. Diese Vorlagen könnten in unterschiedlichen Anwendungsdomänen hilfreich sein und benutzt werden. Das verbleibende Drittel des Forschungsprogramms zielt auf Anwendungsforschung – die Promovierenden interagieren mit dem Unternehmen und übertragen zum Beispiel neue KI-Architektur auf deren Daten-Infrastruktur. Die Kooperation hat im besten Falle viele Gewinner: Forscherinnen und Forscher, Universität, Unternehmen und Öffentlichkeit.

Die Fragen stellte Jörg Feuck