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Beitrag für einen lebendigen Fachbereich

50 Jahre Fachbereich: Interview mit unserem Alumnus Dr. Martin Girschick

2022/04/14

Während unseres Jubiläumsjahres stellen wir einige aktuelle und ehemalige Mitglieder unseres Fachbereichs vor. In diesem Beitrag sprechen wir mit unserem Alumnus Dr. Martin Girschick und erfahren unter anderem, warum Darmstadt für ihn die erste Adresse für das Informatikstudium war und von seinem besonderen Engagement als wissenschaftlicher Mitarbeiter, der über mehrere Jahre Programmierwettbewerbe für Studierende organisierte.

Dr. Martin Girschick studierte und promovierte am Fachbereich Informatik.

Fachbereich Informatik: Herr Girschick, warum haben Sie sich damals für ein Informatikstudium an der TU Darmstadt entschieden?

Dr. Girschick: Der Fachbereich Informatik der TU Darmstadt war insbesondere wegen des großen Lehrangebots und seines sehr guten Rufes meine erste Wahl. Darüber hinaus bot die Wissenschaftsstadt Darmstadt bereits damals sehr viele Möglichkeiten, im IT-Bereich tätig zu sein. Während der Oberstufe und des Studiums war ich daher am Institut für Integrierte Publikations- und Informationssysteme (IPSI) der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung sowie dem Fraunhofer Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD) beschäftigt und hatte so bereits Einblick in die Forschung.

In meiner Diplomarbeit habe ich mich mit graphischer Modellierung von Softwaresystemen beschäftigt, was mein Interesse an weiteren Forschungsaktivitäten geweckt hat. Glücklicherweise wurde zeitgleich mit meinem Abschluss das neue Fachgebiet „Metamodellierung und deren Anwendungen“ gegründet, was hervorragend zu meinen Forschungsinteressen passte. In meiner Rolle als wissenschaftlicher Mitarbeiter für Prof. Dr. Thomas Kühne hatte ich die Gelegenheit, dieses Fachgebiet von Grund auf mit zu gestalten.

Fachbereich Informatik: Was war Ihr Promotionsthema?

Dr. Girschick: In Zusammenarbeit mit dem Fachgebiet Echtzeitsysteme des Fachbereichs Elektrotechnik (Prof. Dr. Andreas Schürr) habe ich mich mit dem Open-Source-Modellierungswerkzeug Fujaba beschäftigt und auf dieser technischen Basis mit studentischer Hilfe eine Modellierungssprache implementiert. Diese kombiniert graphische und textuelle Elemente zur Umsetzung von Modelltransformationen und ermöglicht es, durch schrittweise Verfeinerung einer abstrakten Architektur, eine konkrete und damit ausführbare zu erzeugen. Der Ansatz basiert dabei auf Forschungen von Prof. Dr. Kühne und Prof. Dr. Atkinson.

Fachbereich Informatik: In Ihrer Zeit am Fachbereich haben Sie auch Programmierwettbewerbe für Studierende organisiert. Können Sie uns etwas mehr darüber erzählen?

Dr. Girschick: Mir war es wichtig, neben dem Forschungs- und Lehrbetrieb auch meinen Beitrag für einen lebendigen Fachbereich zu liefern. Ich habe daher über mehrere Jahre die Organisation der lokalen Programmierwettbewerbe übernommen. Mit Hilfe von Sponsoren konnten wir es den Gewinnern ermöglichen, am „International Collegiate Programming Contest“ teilzunehmen, der jedes Jahr von der Association for Computing Machinery (ACM) veranstaltet wird. In Teams von je drei Studierenden mussten die bis zu 70 Teilnehmenden komplexe algorithmische Probleme auf Zeit lösen. Ein automatisiertes Testierungssystem prüft die eingesendeten Lösungen, für jede gelöste Aufgabe erhielt das Team einen farbigen Luftballon, sodass man stets sehen konnte, wie weit die Konkurrenz war. Die Wettbewerbe haben immer allen Beteiligten viel Spaß gemacht, die Atmosphäre in den damaligen Rechnerräumen lässt sich in den derzeit noch vorwiegend virtuellen Veranstaltungen leider nicht abbilden.

Programmierwettbewerbe für Studierende: Für jede gelöste Aufgabe erhielten die Teams einen Luftballon.
Programmierwettbewerbe für Studierende: Für jede gelöste Aufgabe erhielten die Teams einen Luftballon.

Fachbereich Informatik: Was kam für Sie nach der Promotion?

Dr. Girschick: Seit 2008 bin ich als Software-Architekt in dem internationalen IT-Beratungsunternehmen Capgemini tätig. Neben den Kundenprojekten ist mir die Wissensvermittlung ein wichtiges Anliegen. Ich leite daher die firmeninterne Community für Modellgetriebene Softwareentwicklung und habe als Gastdozent der TU Darmstadt „Software Engineering in der industriellen Praxis“ gelehrt. Darüber hinaus koordiniere ich für das Unternehmen die Hochschulaktivitäten im Rhein-Main-Gebiet. In diesem Rahmen betreuen wir Abschlussarbeiten und Praktika zudem veranstalten wir regelmäßig Vorträge und Workshops. Auf diese Weise können wir unser praxisnahes und breit aufgestelltes Wissen in die Hochschulen tragen.

Fachbereich Informatik: Was haben Sie aus dem Studium und der Promotionszeit in Darmstadt mitgenommen, das Ihnen heute noch dienlich ist?

Dr. Girschick: Für meine tägliche Arbeit ist es besonders wichtig, komplexe Sachverhalte präzise und allgemein verständlich zu beschreiben, um diese schlussendlich auf Softwaresysteme abbilden zu können. Hierfür hat das Studium und insbesondere die Promotion das nötige Handwerkszeug geliefert. In meinem derzeitigen Projekt für eine Bundesbehörde kommen mir meine Kryptographiekenntnisse im Bereich elliptischer Kurven sehr zugute. Neben dem Verständnis abstrakter Konzepte bot das Studium aber auch immer Gelegenheit, praxisnah zu arbeiten. Hier sticht das noch immer angebotene Software-Engineering-Praktikum hervor, an dem ich nicht nur als Teilnehmender, sondern auch als Betreuer und später als Auftraggeber beteiligt war.

Fachbereich Informatik: Was wird aus Ihrer Sicht in Zukunft für die Informatik in Darmstadt und an anderen Hochschulen eine wichtige Rolle spielen?

Dr. Girschick: Es wird dem Fachbereich sicherlich gelingen, die Kontinuität und Vielfältigkeit der vergangenen Jahre in der Zukunft fortzusetzen. Mit einem ausgewogenen und modernen Lehrangebot sind alle Voraussetzungen vorhanden, um Studierende auf ihre spätere Laufbahn – sei es in der Wissenschaft oder auch in der Industrie – vorzubereiten. Darüber hinaus wird es zunehmend wichtiger sein, in der fragmentierten Welt der Informatikbereiche ein Gespür für die zukünftig wichtigen Themen zu entwickeln und somit durch aktive und vorausschauende Forschung die Grundlagen für die Informationstechnik der Zukunft zu entwickeln. Dabei werden soziale Verantwortung, Nachhaltigkeit und auch Datenschutz eine zunehmend wichtigere Rolle einnehmen.


Die Fragen stellte Daniela Fleckenstein.

Über Dr. Martin Girschick

Martin Girschick studierte Informatik mit Nebenfach Mathematik an der TU Darmstadt und promovierte im Fachgebiet Metamodellierung. Seit 2008 arbeitet er als Software-Architekt in dem IT-Beratungsunternehmen Capgemini. Von 2011 bis 2016 war Girschick Gastdozent am Fachbereich Informatik der TU Darmstadt. Ab dem Sommersemester 2022 übernimmt er eine Vertretungsprofessor in der Fachgruppe Software Engineering der Hochschule Darmstadt.

Profil von Dr. Martin Girschick an der Hochschule Darmstadt

50 Jahre Fachbereich Informatik

1972 wurde der Fachbereich Informatik an der damaligen TH Darmstadt gegründet. Das offizielle Gründungsdatum geht auf die erste Fachbereichskonferenz am 15. Mai 1972 zurück. Wie die Wissenschaft, der er gewidmet ist, ist auch der Fachbereich Informatik in den letzten 50 Jahren gewachsen und hat sich stark weiterentwickelt. Das Jubiläumsjahr 2022 nehmen wir zum Anlass, sowohl die Geschichte als auch die heutige Vielfalt unseres Fachbereichs zu beleuchten.

Erinnern Sie sich gerne an Ihre eigene Studien-, Promotions- oder Arbeitszeit am Fachbereich Informatik? Wir freuen uns über Bilder und Geschichten aus Ihrer Zeit am Fachbereich genauso wie über Grüße und Glückwünsche. Schreiben Sie uns gerne Schreiben Sie uns gerne über das verlinkte Formular.