„Musik bedeutet für mich, mit anderen zu spielen“

Computerwissenschaftler der TU als Jazzmusiker ausgezeichnet

24.02.2023 von

Als Forschungsgruppenleiter am Fachbereich Informatik der TU Darmstadt beschäftigt sich Dr. Ivan Habernal mit der maschinellen Verarbeitung natürlicher Sprache. Doch das ist nur eine Seite seiner Karriere. Erfolgreich ist der Computerwissenschaftler auch auf einem ganz anderen Gebiet: Mit dem Ivan Habernal Orchestra ist er Frankfurts neuester Jazzstipendiat.

Das Ivan Habernal Quartett mit Ivan Habernal am Bass beim Muszieren.

Das Ivan Habernal Orchestra ist eins der musikalischen Projekte von Bassist Ivan Habernal, ein Jazz-Septett plus Streichquartett. Für die elf Mitglieder komponierte er die „Suite for Little J“ und führte sie 2020 erstmals live auf. „Mit der Aufnahme von diesem Konzert habe ich mich für das Frankfurter Jazzstipendium beworben. Und gewonnen“, freut sich Habernal. Das Stipendium, dotiert mit 10.000 Euro, hilft Jazzgruppen und -solisten, sich nach ihren persönlichen Vorstellungen weiter zu qualifizieren.

Geboren und aufgewachsen ist der 39-Jährige in der Nähe der tschechischen Stadt Pilsen. Dort startete er im Alter von fünf Jahren seinen musikalischen Weg am Klavier. „Zu meiner Zeit lernte man in der Musikschule das Klavier spielen über klassische Etüden“, erzählt Habernal. „Wenn man das liebt, ist das prima. Ich fand es schnell langweilig. Für mich bedeutete Musik machen: Songs spielen, mit anderen spielen.“

Mit 15 Jahren wechselte er das Instrument, von Klavier zum E-Bass. „Ich mochte auch Rockmusik und wollte in einer Rockband spielen. Doch um in Bands zu spielen, war Klavier einfach nicht cool und nicht praktikabel. So ein Bass ist tief und laut, das passt gut zu Rock, und es machte mir Spaß.“ In der Pilsener Musikszene entwickelte er sich zu einem gefragten Bassisten.

Studium der Computer- und Musikwissenschaften

Nach der Schule studierte Habernal Computerwissenschaften an der Universität in Pilsen, parallel dazu in Prag am Konservatorium für Jazz und populäre Musik. „Ich wollte noch mehr lernen, insbesondere weil ich mit Musik ja Geld verdiente.“ Auf den Abschluss verzichtete er: „Es war schön dort, und ich habe viel gelernt. Mit 25 Jahren fand ich mich aber zu alt, um all die allgemeinen Fächer für das Diplom abzulegen.“ Das Studium der Computerwissenschaften schloss er mit dem Master ab, zudem promovierte er erfolgreich.

2011 verbrachte er trotz eines Stipendienangebots des Berklee College of Music lieber drei Monate in New York City, um privat bei seinen musikalischen Vorbildern zu lernen. „Ich habe die Musiker einfach angeschrieben und gefragt, ob ich bei ihnen Unterricht nehmen kann. Und das hat geklappt. Der Weg nach New York war für mich die bessere Entscheidung. Ich war an dem Ort, an dem wirklich Musik gemacht und gespielt wird.“ Im Laufe seiner Karriere spielte er mit vielen tschechischen und internationalen Jazzstars, außerdem großen tschechischen Popstars wie Marta Kubišová oder Karel Gott.

Umzug nach Deutschland

Seine Laufbahn als Musiker in Tschechien gab Habernal 2013 mit seinem Umzug nach Frankfurt am Main auf. „Das war nicht einfach. Aber manchmal muss man aus seiner Komfortzone heraus.“ Seither arbeitet er als Computerwissenschaftler an der TU Darmstadt, wo er die unabhängige Forschungsgruppe „Trustworthy Human Language Technologies“ leitet. Zu deren aktuellen Forschungsgebieten gehört das Natural Language Processing (NLP), also: Maschinen so zu trainieren, dass sie Text und natürliche Sprache genauso verstehen, wie Menschen es können. „Dabei interessiert mich besonders, wie persönliche Daten und die Privatsphäre geschützt werden können.“

In Frankfurt knüpft er neue musikalische Verbindungen und verwirklicht neue musikalische Projekte. Ein Jazz-Quartett, ein Septett und zuletzt das Ivan Habernal Orchestra. Seinen Musikstil bezeichnet der Bassist als „modern contemporary“, als modernen zeitgenössischen Jazz. „Das kann alles sein, und das ist gut so“, sagt er mit einem Lachen. „Die Musikszene und der Sound von New York haben mich stark beeinflusst.“

Die Stücke für seine Projekte komponiert er alle selbst. „Angefangen habe ich mit Musik für das Quartett. Ein bis zwei Jahre später kam das Septett dazu – aus reinem Spaß, das auszuprobieren. Die Stücke sind ähnlich, aber anders arrangiert. Alles klingt voller.“ Fügt man dem Septett nun noch ein Streichquartett hinzu, erhält man das Ivan Habernal Orchestra.

Das Stipendium nutzt der Jazzmusiker, um weitere Projekte für sein Orchestra zu finanzieren. „Wir möchten 2023 bei Jazz im Palmengarten auftreten. Projekte mit elf Musikern kosten einiges. Dafür können wir das Geld gut einsetzen. Außerdem bringt die Auszeichnung eine gewisse Popularität“, freut sich Habernal.

Dr. Ivan Habernal
Dr. Ivan Habernal