LOEWE-Zentrum DYNAMIC bewilligt

14,7 Millionen Euro zur Erforschung von psychischen Erkrankungen

30.06.2023 von

Im neu bewilligten LOEWE-Zentrum „DYNAMIC – Dynamic Network Approach of Mental Health to Stimulate Innovations for Change“ geht die TU Darmstadt mit weiteren Verbundpartnern und unter Federführung der Philipps-Universität Marburg der Frage nach, ob ein neues Verständnis von psychischen Erkrankungen Diagnostik und Therapie verbessern kann. Das hessische Forschungsförderungsprogramm LOEWE fördert das Vorhaben ab dem 1. Januar 2024 für vier Jahre mit 14,7 Millionen.

Psychische Störungen zählen zu den häufigsten und folgenschwersten Erkrankungen. Die Grundlagenforschung hat große Fortschritte erzielt, die Therapie jedoch nicht. Ein Grund ist, dass aktuelle Diagnosesysteme sich nicht ausreichend an den Krankheitsprozessen orientieren. Ein neuer Weg zur Beschreibung und Klassifikation psychischer Erkrankungen ist, sie als Störung der dynamischen Aktivität von Netzwerken aufzufassen. Dies kann durch Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) dargestellt werden. Diese Betrachtungsweise erlaubt es auch, die Kombination und die zeitliche Abfolge von Behandlungen zu optimieren und auf den individuellen Zustand von Patientinnen und Patienten abzustimmen. Das LOEWE-Zentrum DYNAMIC bringt deshalb die großen hessischen akademischen Behandlungszentren für psychische Erkrankungen in Psychologie und Medizin mit Instituten für modernste KI-Analysemethoden zusammen. So entsteht ein einmaliges Forschungs- und Behandlungszentrum für eine neue Herangehensweise.

Die TU Darmstadt unterstützt das Verbundprojekt mit ihrem universitätsweiten Forschungsfeld „Information and Intelligence“ und den Profilthemen Künstliche Intelligenz und Cognitive Science. Die antragsbeteiligten TU-Forschenden Professorin Iryna Gurevych und Professor Kristian Kersting sind Gründungsmitglieder des 2016 etablierten Centre of Cognitive Science, in dem zehn Kernprofessuren interdisziplinär am komputationalen Verständnis von menschlicher Wahrnehmung, Kognition und Handlung durch eine enge Integration von KI und Kognitionswissenschaft arbeiten. Im Rahmen von DYNAMIC wird eine Nachwuchsgruppe zum Thema Data Mining bei psychischen Erkrankungen eingerichtet, die die umfangreichen Datensätze aus allen klinischen Standorten datengetrieben analysieren wird. In vier Teilprojekten widmen sich die TU-Wissenschaftler:innen der Sprachanalyse von Therapeut:in-Patient:in-Gesprächen, der Entwicklungsmodellierung im Kleinkind-, Vorschul- und Schulalter, der Cluster-Bildung dynamischer psychopathologischer Netzwerkcharakteristika sowie der Prädiktion von Veränderungen der Hirnaktivität, molekularen Markern und Verhalten.

Die Forschenden der TU Darmstadt sind für dieses Forschungsvorhaben im Verbund bestens qualifiziert. Sie sind auch federführend am „Hessischen Zentrum für Künstliche Intelligenz – hessian.AI“ beteiligt, in dem die KI-Spitzenforschung Hessens gebündelt wird. Bis Ende 2024 wird hessian.AI 22 neue KI-Professuren einrichten. Mit DYNAMIC erfährt es eine unmittelbare Translation in die Anwendung im Bereich Gesundheitswesen. Außerdem ist die TU Darmstadt maßgeblich am Nationalen Forschungszentrum für angewandte Cybersicherheit (ATHENE) beteiligt, z. B. im Projekt „PADAM“ zur adaptiven Anwendung von linguistischen Methodiken in der Medizin (zusammen mit Goethe-Universität Frankfurt). Gurevych ist als LOEWE-Spitzenprofessorin ausgewiesene Expertin zur Erforschung von Wissensverarbeitung mit KI.

DYNAMIC-Projektpartner sind außerdem die Goethe-Universität Frankfurt, die Justus-Liebig-Universität Gießen, das Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation DIPF und das Ernst Strüngmann Institut für Neurowissenschaften ESI LOEWE-Zentrum. Die Philipps-Universität Marburg ist Koordinatorin.