Athene Young Investigator
Die Kryptografin Juliane Krämer entwirft Verschlüsselungstechniken der Zukunft
09.02.2018 von Astrid Ludwig
Wenn Juliane Krämer aus dem Fenster ihres Wohnzimmers schaut, blickt sie auf das Affengehege und das Freigelände der Nashörner des Frankfurter Zoos. Zwei Tierarten, die für Intelligenz und starke Wehrhaftigkeit stehen. Vermutlich eine eher zufällige Wohnungswahl, aber eigentlich passen die Tiere gut zu ihrer Arbeit als Forscherin. Auch da geht es schließlich darum, intelligente neue Ansätze zu finden, um sich gegen Angriffe von außen zu wehren.
Juliane Krämer ist Wirtschaftsmathematikerin und forscht am Lehrstuhl Kryptografie und Computeralgebra der TU Darmstadt. Im Sonderforschungsbereich Crossing befasst sich die 32-Jährige mit Post-Quantum-Kryptografie – mit Verschlüsselungslösungen der Zukunft. Seit September 2017 ist sie Athene Young Investigator, aber seit dieser Zeit auch in Mutterschutz. Ihr Sohn ist gerade zwei Monate alt. Das Förderprogramm der TU Darmstadt berücksichtigt explizit Umstände wie Elternzeit oder die Pflege von Angehörigen, damit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Karriere und Familie vereinen können. Für den Sommer 2018 plant Juliane Krämer die Rückkehr an die TU. Sie freut sich darauf, ihre Forschung wieder aufnehmen zu können.
Studiert und promoviert hat die gebürtige Detmolderin an der TU Berlin. „Ich war immer gut in Mathe“, erzählt sie. Eigentlich eher ohne ein konkretes Berufsziel vor Augen, begann sie ein Studium der Wirtschaftsmathematik mit den Nebenfächern Informatik und Betriebswirtschaft. Dass sie einmal in der Kryptografie landen würde, hätte sie niemals gedacht. „Zur Informatik“, sagt sie, „hatte ich eigentlich vorher keinen Bezug.“ Doch dann geriet sie durch Zufall in eine Vorlesung zum Thema Verschlüsselungstechnik. „Das hat mir Spaß gemacht und erschien mir ungleich spannender als später vielleicht einmal eine Stelle im Bankwesen oder der Buchhaltung.“
Forschung gegen Seitenkanalangriffe
Schon früh und später auch in ihrer Promotion befasste sie sich mit Seitenkanalangriffen. In der Kryptografie werden Algorithmen entwickelt, die dem Schutz und der Geheimhaltung dienen. Verschlüsselte Algorithmen, so Krämer, müssen aber nicht nur mathematisch sicher sein, sondern auch physikalische Angriffe abwehren können. Diese Angriffe, sogenannte Seitenkanalangriffe, nutzen keine mathematischen Schwachstellen im Algorithmus, sondern messen während einer Berechnung einer verschlüsselten Operation beispielsweise den Stromverbrauch des Gerätes, berichtet die 32-Jährige. „Aus der statistischen Analyse dieser Informationen kann ein Angreifer Rückschlüsse auf sicherheitsrelevante Daten, wie etwa den geheimen Schlüssel ziehen.“
Juliane Krämer ist exzellent: Sie ist Junior Fellow der Gesellschaft für Informatik (GI), war für den GI-Dissertationspreis und den CAST /GI Promotionspreis IT Sicherheit nominiert und erhielt den Crossing Collaboration Award 2015. Ihr Zweitgutachter für die Doktorarbeit an der TU Berlin hieß übrigens Johannes Buchmann, Professor an der TU Darmstadt und in Deutschland einer der führenden Experten für Verschlüsselung und IT-Sicherheit. Er holte Juliane Krämer nach Darmstadt. „Die TU Darmstadt ist eine Topadresse für Kryptografie“, sagt sie. Im Sonderforschungsbereich Crossing wurde Krämer einer der Projektleiterinnen und befasst sich seither mit künftigen Lösungen etwa in der Post-Quantum-Kryptografie. „Wenn der Quantencomputer kommt, an dem schon intensiv geforscht wird“, erklärt sie, „dann reichen unsere heutigen Verschlüsselungstechniken nicht mehr aus.“
Die junge Forscherin sucht als Athene Young Investigator nach neuen Wegen, sich gegen Angriffe zu wappnen und Maßnahmen vor allem gegen Seitenkanalangriffe zu entwickeln. Die müssen effektiv und schnell sein, betont sie. Bei einem Smartphone etwa darf eine neue Verschlüsselungstechnik nicht zu lange dauern und den Service verlangsamen. Die Effizienz ist eine der Herausforderungen bei künftigen Lösungen.
Doch das ist es gerade, was ihr an der Kryptografie gefällt: „Etwas Sinnvolles zu entwickeln, von dem man glaubt, dass es sicher ist.“ Der Athene Young Investigator Status gibt ihr als Forscherin die Unabhängigkeit dafür, sagt sie. Doch sie freut sich auch auf künftige Lehrtätigkeiten und Vorlesungen, die sie erstmals eigenverantwortlich konzipieren kann. „Es ist schön zu wissen, dass ich Studierenden etwas beibringen kann.“