Roboter „Argonaut“ trainiert bei Wind und Wetter für Wettbewerbsfinale in Frankreich

Etappe 1: Die Vorbereitungsphase

07.03.2017 von

Der Argonaut trainiert das Treppensteigen im Robert-Piloty-Hof. Bild: Jan Bambach

Ein vom Fachbereich Informatik der TU Darmstadt entwickelter Roboter ist im Finale um den 500.000 Euro dotierten Preis der von dem Mineralölunternehmen TOTAL initiierten internationalen ARGOS Challenge für intelligente Inspektionsroboter auf Öl- und Gasplattformen. Vom 13. bis zum 17. März werden sich die Entwickler aus Darmstadt und die Kooperationspartner aus Wien um den Roboter namens Argonaut gegen vier weitere Teams im französischen Pau beweisen müssen, wofür sie zurzeit rund um die Uhr im Labor und auf dem Unigelände trainieren.

Der Argonaut. Bild: Natalie Wocko
Der Argonaut. Bild: Natalie Wocko

Das Team „Argonauts“ vom Fachgebiet SIM (Simulation, Systemoptimierung und Robotik) arbeitet auf Hochtouren, denn vom 13. bis zum 17. März wird ihr Roboter am Finale der ARGOS Challenge (Autonomous Robot for Gas and Oil Sites) im französischen Pau teilnehmen. Das Mineralölunternehmen TOTAL hat dazu aufgerufen, einen autonomen mobilen Ferninspektionsroboter zu entwickeln, der selbstständig und unter verschiedenen Bedingungen ein Areal auf einer mehrstöckigen Öl- und Gasplattform befahren und überprüfen kann, um das Risiko von potentiell gefährlichen Situationen für Plattformmitarbeiter künftig zu senken.

Während des fünftägigen Wettbewerbs wird ein zwölfköpfiges Team der Entwicklergruppe, das aus Informatikern der TU Darmstadt und Mitarbeitern der Wiener Roboterfirma taurob GmbH besteht, zeigen müssen, dass ihr Roboter unter anderem eine Inspektionsrunde auf einer industriellen Öl- und Gasplattform autonom abfahren kann. Im SIM-Forschungslabor werden mögliche Aufgabenstellungen an ihn übermittelt und von einem Mitarbeiter am Bildschirm überwacht. Während der Roboter auf seiner Inspektionsrunde selbstständig Druckmessgeräte, Füllstandsanzeigen und Ventilstellungen mit Hilfe seiner Kameras und Sensoren überprüft, muss er dabei auch unerwartete Hindernisse, Wärmequellen, Gasaustritte sowie einen Plattformalarm erkennen, geeignet darauf reagieren und diese einem menschlichen Operator übermitteln, der die Mission überwacht. Dieser sollte jederzeit eingreifen und die Fernsteuerung manuell übernehmen können, wobei der Roboter die Mission anschließend wieder autonom beenden muss. Bei der Operatorsteuerung werden gewisse Assistenzfunktionen (mittels Sensoren und Kameras) eingeschaltet, die Kollisionen mit der Anlage und darauf befindlichen Menschen bei der Fernsteuerung selbsttätig verhindern sollen.

Um diese Anforderungen zu meistern, dreht der Roboter derzeit seine Trainingsrunden auf einer Anlage im Untergeschoß des alten Hauptgebäudes und auf dem Außengelände des Fachbereichs Informatik, während sein Entwicklerteam ihn auf alle Eventualitäten vorbereitet, wie zum Beispiel das Treppensteigen bei Wind und Wetter. Eine kleine Gruppe Schaulustiger hat sich letzten Donnerstag versammelt, um den Argonauten bei einem dieser Testläufe die Daumen zu drücken. Raphael Brandtner, ein Mitstreiter von der taurob GmbH ist eigens aus Wien angereist, um die Fortschritte des Argonauten zu begutachten. Während Dr. Alberto Romay den Roboter auf der steilen Treppe sichert, erklärt uns Dr. Stefan Kohlbrecher, dass dieser ATEX-zertifiziert sein muss, um in explosiven Bereichen eingesetzt zu werden. Das bedeutet, dass er eine Atmosphäre nicht durch seine eigene Elektronik anzünden darf.

Die Operatorenansicht des Argonauts. Bild: Natalie Wocko

Die erste Testphase auf der steilen Treppe erweist sich als schwierig. Während der Argonaut mit erstaunlicher Schnelligkeit die ersten Stufen hochfährt, gerät er auf einmal in eine Schieflage, worauf das Team kurz eingreifen und ihn neu platzieren muss. Beim Runterfahren halten Entwickler und Zuschauer den Atem an und sind erleichtert, dass er unbeschadet auf der Plattform ankommt. Während der zweiten Testphase werden die Ketten, auf die der Roboter fährt, um Hindernisse besser überwinden zu können, ausgetauscht, um erneute Komplikationen beim Auf- und Absteigen zu verhindern und tatsächlich schafft es der Argonaut nun viel schneller und sicherer die Treppen hoch und auch wieder runter. Für die dritte und letzte Testphase wird schlechtes Wetter simuliert, indem die Ketten des Roboters sowie die Plattform und die Treppe mit Wasser begossen werden, denn der Argonaut soll auch oder gerade unter schlechten Wetterbedingungen eingesetzt werden.

Auch diese Herausforderung meistert der Roboter mit Bravour, aber dem Team ist die Anspannung vor dem bevorstehenden Wettbewerb dennoch anzusehen, denn die internationale Konkurrenz ist hart. Hinzu kommt, dass sich die Entwickler nie zuvor mit so einem komplexen Projekt konfrontiert sahen, doch gerade diese Komplexität birgt den Reiz „sich am scheinbar Unmöglichen zu versuchen“, so Professor von Stryk. Die „Argonauts“ sind dennoch guter Dinge, denn schließlich haben sie in der Vorrunde der ARGOS Challenge im April 2016 den zweiten Platz erzielt. Und wenige Tage nach dem Treppentest, kurz vor der Abreise, freut sich das Team – für Außenstehende kaum nachvollziehbar – über einen realen Wolkeneinbruch, um ihren Roboter bei strömenden Regen am Außengelände vor dem Robert-Piloty-Gebäude trainieren zu lassen. In ein paar Tagen wird sich herausstellen, ob der Argonaut auch die Jury in Frankreich überzeugen kann. Darüber werden wir im nächsten Artikel berichten. Jetzt heißt es Daumen drücken und mitfiebern. Die Gewinner werden am 11. Mai auf einer feierlichen Preisverleihung in Paris bekannt gegeben.

Ein schneller Kettenwechsel. Bild: Natalie Wocko

Verfolgen kann man die ARGOS Challenge auch unter http://www.argos-challenge.com/en und auf der Facebookseite der „Argonauts“.