Zwei Jahre ohne Leistungen

Rechtliche Regelung aus §65(4) HessHG beachten!

„Wer innerhalb von zwei Jahrenkeinen in einer Prüfungs- oder Studienordnung vorgesehenen Leistungsnachweis erbringt, kann exmatrikuliert werden“ (§65(4) Hessisches Hochschulgesetz)

Das Hessische Hochschulgesetz in der Fassung vom 28.12.2021 enthält in §65(4) eine sehr wichtige Regelung, die viele Studierende nicht kennen.

§65(4) HessHG besagt: „Wer innerhalb von zwei Jahren keinen in einer Prüfungs- oder Studienordnung vorgesehenen Leistungsnachweis erbringt, kann exmatrikuliert werden.“

Diese Regelung ist trotz des oben angegebenen Datums übrigens nicht neu, sondern stand in der vorherigen Fassung des Gesetzes in identischer Form, damals noch als „§59(4) HHG“.

Im Folgenden sehen wir uns genauer an, was diese Regelung im Detail bedeutet.

  • Innerhalb von zwei Jahren“ bezieht sich auf eine Dauer, die nicht „vom 1.1.X bis 31.12. X+1“ andauert, sondern z.B. auch vom 15.4.2023 bis 15.5.2025 dauern kann. (Das sind plausible Daten für die letzten Prüfungen des Wintersemesters 2022/2023 bzw. 2024/2025).
  • Die Angabe „von zwei Jahren“ (statt „vier Fachsemestern“) bedeutet auch, dass hier keine Berücksichtigung von Teilzeitstudium erfolgt. Auch in einem Teilzeitstudium muss also in der genannten Zeitspanne von zwei Jahren mindestens eine „passende“ (gleich mehr dazu) Leistung erbracht werden!
  • „In einer Prüfungs- oder Studienordnung vorgesehenen Leistungsnachweis“ bedeutet, dass die Leistung (a) zu dem konkreten Studiengang gehören muss und (b) eine Leistung darstellt, mit der ein Fortschritt im Studium in Richtung Abschluss erzielt wird. Gegenbeispiele sind z.B. vorgezogene Masterleistungen (nicht im Studien- und Prüfungsplan, kurz SPP, des Bachelor „vorgesehen“), zusätzliche Leistungen (die nicht in die für den Abschluss relevanten Leistungen zählen, oder redundante Leistungen durch Überbuchung von Bereichen.
    • Zu letzterem ein konkretes Beispiel: Student:in X hat bereits ein Seminar (3 CP), ein Praktikum (6 CP) und ein Projektpraktikum (9 CP), zusammen 18 CP, erbracht. Damit sind die Vorgaben der Ordnung 2023 im B.Sc. Informatik in diesem Bereich voll erfüllt („9-18 CP, mindestens ein Seminar, mindestens eine Leistung aus dem Katalog Praktika, Projektpraktika und ähnliche Veranstaltungen“).
      Eine weitere studienbegleitende Leistung (also z.B. ein weiteres Seminar oder Praktikum oder ein Praktikum in der Lehre) könnte zwar potenziell zu einer Notenverbesserung führen („das neue Seminar mit Note 1,0 verdrängt das alte mit Note 2,7“), hebt aber die erbrachten CP für den Abschluss nicht an und zählt daher nicht als Leistung im Sinne von §65(4) HessHG.
    • Student:in Y hat bereits 21 CP an Fachprüfungen im Wahlbereich Fachprüfungen („5-30 CP“) erbracht. Als Wechsler:in aus der Ordnung 2015 besitzt Y zudem 20 CP an Fachprüfungen im Wahlpflichtbereich.
      Damit liegen insgesamt im Abschnitt B.1.1 („Fachprüfungen aus Wahlpflicht- und Wahlbereich“) 41 CP vor – in den Abschluss gehen hier 30-40 CP ein, dieser Bereich ist also schon vollständig erbracht.
      Die Erbringung einer weiteren Fachprüfung in einem Wahlbereich ist zwar möglich und würde eventuell zu einer CP-Verschiebung führen (etwa, weil die neue Prüfung eine schlechtere Note im Wahlpflichtbereich verdrängen würde), erhöht aber ebenfalls nicht die für den Abschluss relevanten CP.
      Auch in diesem Fall erfüllt die Leistung nicht die Anforderungen nach §65(4) HessHG.
  • Die Regelung spricht von „kann“, nicht von „muss“, „soll“ oder gar „… wird exmatrikuliert“. Insbesondere ist der Prozess (jedenfalls aktuell) nicht in TUCaN automatisiert, sondern muss im Fachbereich menuell geprüft und beschlossen werden. Hierbei wird natürlich mit etwas Augenmaß verfahren.

Hinweise

  • Wenn Sie länger keine Leistung abschließen konnten, raten wir sehr dazu, Kontakt mit der aufzunehmen – natürlich nur, wenn Sie im B.Sc. Informatik (oder im LaG Informatik, B.Ed./M.Ed. Informatik oder im Joint BA X + Informatik) studieren. Andernfalls wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständigen Ansprechpartner:innen in Ihrem Fachbereich.
  • Eine Beurlaubung während des aktuell betrachteten Zwei-Jahre-Fensters wird berücksichtigt, indem das beurlaubte Semester (bzw. die beurlaubten Semester) für die zwei Jahre nicht herangezogen wird.
    Wenn bei Ihnen Gründe für eine Beurlaubung vorliegen, sollten Sie sich passend informieren!
  • Eine aktuell laufende Bachelorarbeit wird berücksichtigt, sofern diese bereits angemeldet ist. Eher vage Aussage, wie „dass dazu Absprachen laufen, …“ ist nicht ausreichend, da daraus erfahrungsgemäß nicht unbedingt eine tatsächliche Anmeldung einer Thesis folgt.
  • Im laufenden Semester angemeldete Leistungen werden soweit möglich berücksichtigt. Allerdings werden seit der Verwaltung feste Fristen gesetzt, bis wann die Daten über zu exmatrikulierende Studierende gemeldet werden müssen – und wenn der Tatbestand „zwei Jahre keine Leistung“ vorliegt, schützt Sie auch eine eilig angemeldete (aber am Ende vielleicht gar nicht angetretene oder nicht bestandene) Leistung auch nicht pauschal. Nehmen Sie unsere Beratungsangebote in Anspruch!
  • Falls Sie ein Doppelstudium absolvieren, also in zwei verschiedene Studiengänge parallel immatrikuliert sind – gemeint sind damit nicht die „zwei Fachsäulen“ vom Lehramt oder Joint Bachelor of Arts, sondern z.B. die Einschreibung in den B.Sc. Informatik und parallel in den B.Sc. Mathematik -, werden Sie ggf. nur aus einem der beiden Studiengänge exmatrikuliert.
    Wenn Sie in einem der beiden Studiengänge Leistungen erbringen, die auch zu dem anderen Studiengang gehören, kümmern Sie sich bitte regelmäßig darum, dass diese auch vom Studienbüro anerkannt werden.
  • Während der „Corona-Semester“ (Wintersemester 2019/20 bis Wintersemester 2021/222022) wurde der §65(4) HessHG seitens der TU ausgesetzt und mit Sommersemester 2022 „auf Null“ gesetzt. Es werden also aktuell nur die Leistungen bezüglich „zwei Jahre ohne Leistung“ betrachtet, die ab 1.4.2022 – oder später! – beginnen.

Die Fachstudienberatung Bachelor Informatik ist bestrebt, alle für die Exmatrikulation in Frage kommenden Studierenden möglichst frühzeitig über die Situation zu informieren und steht für eine Beratung zur Verfügung, wie man eine Exmatrikulation vermeiden kann. Lesen Sie die – nur selten versendeten – Mails der Fachstudienberatung Bachelor Informatik daher immer sorgfältig.